Sehr geehrte Patienten (m,w,d),

die Ausrufung einer „Gesundheitsnotlage von internationaler Bedeutung“ durch die WHO am 14.08.2024 hat zu erheblicher Verunsicherung nicht nur unter Reisenden geführt. Sie ist allerdings nur vor dem Hintergrund der Bemühungen der WHO zu sehen, um frühzeitige Kooperation der Staaten bei solchen Ausbrüchen zu koordinieren und ist nicht gleichbedeutend mit der Ankündigung „der nächsten Pandemie“.

Mpox (früher: Affenpocken) werden ausgelöst durch das Monkeypox-Virus aus der Gattung Orthopoxvirus. Das Virus ist verwandt mit den klassischen humanen Pockenviren (Variola) und gilt ebenfalls als Zoonose, d.h. der Infektionsweg verläuft klassisch vom Tier (vor allem Nager wie Eichhörnchen …) auf den Menschen.

Das Krankheitsbild von Mpox ähnelt dem der klassischen Pocken, die Erkrankung läuft jedoch in der Regel deutlich milder ab, bei Immunge-schwächten (HIV, unterernährte Kleinkinder…) kann es schon mal zu Komplikationen führen, in den seltensten Fällen letal.

Seit Mai 2022 werden Mpox-Fälle außerhalb von Afrika ohne Reiseanamnese beobachtet. Innerhalb dieses Ausbruchsgeschehens ist die Übertragung von Mensch zu Mensch nur bei sehr engen Kontakten zu verzeichnen, insbesondere im Rahmen sexueller Aktivitäten.

Das Reservoir von Mpox lag bislang in Wildtieren, in Zentralafrika (als Stamm I) und Westafrika (als Stamm II). Durch Kontakt zu solchen Tieren (Tierhandel und „bush meat“ / Kontakt mit infiziertem Fleisch) kam es gelegentlich zu menschlichen Infektionsfällen.

2022 und 2023 kam es bereits zu einem Ausbruch einer Variante des westafrikanischen Stammes, der sich recht schnell ausbreitete und schließlich rund 100.000 Fälle bei unter 1% Letalität hervorrief, vor allem in Nordamerika und Europa. Risikofaktoren für einen schweren Verlauf waren auch hier Immunsuppression und HIV-Positivität. Die WHO rief auch 2022 eine „Gesundheitsnotlage“ aus, nahm diesen Alarm dann in 2023 aber wieder zurück, als die Fallzahlen stark sanken.

Jetzt zeigt sich seit einigen Monaten – vor allem in der Republik Kongo – ein erneut starker Anstieg der Fallzahlen. Es handelt sich um eine Variante des Stammes II. Die Infektiosität scheint deutlich höher zu sein als im letzten Ausbruch. Daher ist eine Ausbreitung in die Nachbarländer (Burundi, Ruanda, Uganda) und entlang von Reiserouten (Südafrika, Mexiko, Schweden) nicht überraschend und dürfte weitergehen. Betroffen ist keine besondere Risikogruppe, sondern die Allgemeinbevölkerung, vor allem auch Kinder. Der Anteil letaler Verläufe ist höher als 2022/23 und erreicht 2-3%, bei Kindern unter 5 Jahren sogar 7-8%. Klinisch im Vordergrund stehen nach einer Inkubationszeit von nur wenigen Tagen außer den typischen Bläschen mit zentraler Delle variantenreiche Hautrötungen, Fieber, Kopf- und Rückenschmerzen, Abgeschlagenheit sowie Lymphknotenschwellungen. Zur Diagnostik entnimmt man Bläscheninhalt für eine PCR. Serologien sind nicht empfehlenswert.

Die Behandlung ist primär symptomatisch. Im Prinzip gibt es Substanzen wie das Tecovirimat, die die Virusfreisetzung hemmen. Patienten sind bis zur vollständigen Abheilung der Läsionen infektiös. Die Prävention besteht in der Identifikation und Isolation Betroffener.

Mit dem Imvanex®/Jynneos und dem japanischen LC16 gibt es gegen den Stamm Ib wirksame Impfstoffe. Vor allem der im Menschen nicht vermehrungsfähige MVA-Lebendimpfstoff Imvanex® ist 2022/23 schon zum Schutz vulnerabler Gruppen eingesetzt worden. Er wird 2x in 4 Wochen Abstand gegeben, wobei für früher gegen Pocken Geimpfte eine einmalige Impfung ausreicht.

Konnte man bisher Mpox-Risikogruppen in den Ausbruchsgebieten identifizieren, so ist dies jetzt viel schwieriger. Jetzt wird es eher darum gehen, die Bevölkerung vor Ort, die Kinder (soweit und sobald zulässig) oder das Gesundheitspersonal in stark betroffenen Gebieten zu impfen. Die WHO hat die beiden Hersteller schon aufgefordert, ihre Produktion maximal hochzufahren.

Einen solchen Schutz der Bevölkerung in den Ausbruchsgebieten kann man jedoch erheblich dadurch erschweren, dass man jetzt für das Minimalrisiko normaler Reisender den Impfstoff vom Markt wegkauft. Die Impfung von zur Zeit nur theoretisch Gefährdeten bremst die Epidemie viel weniger als der Einsatz der Impfung im Ausbruchsgebiet. Daher sollte eine reisemedizinische Verwendung von Imvanex® auf unabweisbare Risikofälle eingeschränkt werden:

 

  • Langzeitaufenthalte im WHO-definierten Risikogebiet,
  • vor allem dann, wenn es sich um Kinder handelt (Imvanex® ist bislang nur für Erwachsene zugelassen, eine Zulassung für 12-17jährige ist beantragt).
  • Medizinpersonal bei beruflichem Einsatz im Ausbruchsgebiet, wenn dieses im direkten Patientenkontakt steht, etwa in der Dermatologie, Urologie, Gynäkologie, Pädiatrie oder Infektiologie.
  • Klinisches und Laborpersonal in Deutschland, wenn die Erstversorgung schwer erkrankter Rückkehrer zu ihren Aufgaben gehört.

 

Wie immer in solchen Fällen, ist die weitere Entwicklung schwer vorherzusehen. Es kann natürlich sein, dass zukünftig international Reisende Impfdokumente oder eine Fieberfreiheit nachweisen müssen, wenn sie aus betroffenen Ländern kommen. Auch innerhalb solcher Länder kann es zu Reise- oder Versammlungsverboten kommen. Noch aber geht es bislang um niedrig fünfstellige Zahlen von Verdachtsfällen in der Republik Kongo.

Hier sind aktuell Augenmaß und internationale Solidarität gefragt und kein panischer Aktionismus. Bei Rückfragen können Sie uns zu jederzeit kontaktieren.       Quelle RKI

 

Bleiben Sie gesund, Ihr Praxisteam Dr. Nalop